Dienstag, 19. Oktober 2010

Dienstag: VK = KSA

Dienstagmorgen finden sich etwa 90 Erstsemesterstudenten in der Biegenstraße 9 ein, um dort von einer Gruppe von Bereits-Studierenden des Studienganges Vergleichende Kultur- und Religionswissenschaft in Empfang genommen zu werden. Auf dem Programm steht ein Brunch, um sich erst einmal kennen zu lernen. Essen vereint, - und so blickt man sich zunächst neugierig um, prägt sich Namen und Gesichter ein und vergisst auch ein paar von ihnen wieder. Einige der neuen Kommilitonen sitzen direkt neben mir, andere lerne ich am Buffet kennen; denn so ein Brunch zu Neunzigst kann schnell zu einem beinahe verlegenen Kampf um Nutella und Kaffee ausarten und so tauschen wir uns aus, während wir da in der Schlange stehen und darauf warten, selbst am Zuge zu sein.

So oder so: Nach dem kleinen Frühstück hat man mindestens zwei Menschen um sich, mit denen man den Rest des Tages oder vielleicht ja sogar den Rest des Studiums bestreiten kann.
Doch so weit denken wir noch gar nicht; von den Betreuern werden wir in Gruppen aufgeteilt und erhalten eine kleine Stadtführung zu den wahrscheinlich wichtigsten Stationen unseres anstehenden Studiums; die alte Universität, die Religionswissenschaft, die Philosophische Fakultät, die Völkerkunde, letztlich die Mensa. Dort erhalten wir eine U-Card, die wir auch augenblicklich aufladen, um anschließend die Mensa zu testen.
Noch ein bisschen unsicher und auch ein wenig staunend stellen wir uns an, beladen unsere Tabletts und setzen uns schließlich an einen der zahlreichen Tische. Zu sechst diskutieren wir, überlegen, welche Sprachen wir lernen werden. Japanisch, Chinesisch, Schwedisch, Niederländisch, Spanisch oder doch Französisch? Wir philosophieren über mögliche Schwerpunkte und über den Unisport. Einige von uns haben bereits konkrete Ideen, andere hingegen - und ich zähle mich dazu - sind zu allem bereit. Zwar kennen wir uns mit all den möglichen Gegebenheiten unseres Studiums noch gar nicht aus, doch in dieser Runde darüber zu reden und vielleicht ein wenig zu träumen, passt nur zu gut an diesen Ort.

Nach der großzügigen - und auch nötigen - Mittagspause werden uns in kleinen Gruppen die Stundenpläne erklärt; und tatsächlich nehmen sie uns ein wenig den Wind aus den Segeln, denn auf den ersten Blick wirkt alles verwirrend. Die exemplarisch erstellten Stundenpläne, die möglichen Nebenfächer, die Begriffe der Profilmodule und Basismodule fliegen uns um die Ohren; langsam begreift man die unglaublich vielen Möglichkeiten, doch ein Berg von Fragen türmt sich bei jedem weiteren Satz, den Gereon, unser Betreuer, von sich gibt.
Man erkennt, auch wenn man es bereits ahnte, wie verwöhnt man doch in der Schulzeit durchs Leben lief; andere Menschen regelten deine Woche, hier bist du es selbst. Verantwortung gewichtet sich vollkommen anders, und doch ist die Freiheit ebenso größer. Das System des Studienganges der Vergleichenden Kultur- und Religionswissenschaft ist komplex, und gerade deshalb nicht sofort zu verstehen - so hoffe ich es zumindest. 
Doch nun, nach etwa einer Woche, steht mein Stundenplan bereits. Das Interessante ist dabei, dass jeder der 90 Erstsemesterstudenten zwar feste Bestandteile der Kultur- und Religionswissenschaft verfolgt, und doch selbst bis zu drei begleitende "Fächer" wie etwa Philosophie, Orientalistik, Friedens- und Konfliktforschung oder auch Kunstgeschichte belegen kann; so erstellt jeder seinen individuellen Studiengang - und so kann es auch passieren, dass man viele seiner 90 Kommilitonen in der Orientierungswoche zum ersten und zum letzten Mal sieht; erzählen uns Felix und Nikolas noch kurz vorm Mittagessen. Nun sitzen wir in der Biegenstraße und grübeln über den Tabellen und Abkürzungen. In all dem Fragendschungel lässt Gereon sich schließlich zu einer simplen Aussage hinreißen:  Sage ich VK, meine ich KSA. Die soll eigentlich erklären, verwirrt uns jedoch zunächst. Doch allmählich begreifen wir; es dauert zwar - und kostet Gereon viel Geduld, doch letztlich wird er mit langsam verstehenden Blicken belohnt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen