Donnerstag, 25. November 2010

Ethno, Anthro, Religio - wieso, weshalb, wozu?

Dem aufmerksamen Leser meines Blogs mögen sich nach all dem Tohuwabohu, nach all dem Hin zur Weisheitslehre und dem Her zur Friedens- und Konfliktforschung einige Fragen stellen; man weiß, dass ich ein Problem mit dem Exportmodul der Philosophie habe; man weiß, dass die Riesengermknödel der Mensa in meinen Augen gut abschneiden; man weiß, dass die Orientierungseinheit Spaß gemacht hat.
Aber was mache ich eigentlich als Hauptfach?        
Was ist das, Ethnologie? Was tut er eigentlich, der werdende Anthropologe? Was macht die Religionswissenschaft bei all dem? Und wo will ich hin, mit dieser Kombination?

Hermeneutik: Alles nicht so einfach, wie man denkt. 
Meist klärt eine Antwort meinerseits nicht wirklich auf, sie endet in einer offenen Fragerunde, mit der niemand tatsächlich gerechnet hat. Wenn ich nämlich sage, dass ich Vergleichende Kultur- und Religionswissenschaft studiere, dann ernte ich  hauptsächlich Fragezeichen und manchmal wird das anschließende Fragen privater als man denkt; ob ich denn religiös wäre, dass ich etwas Derartiges studiere?
Nun, da kann man sich fein rausreden, denn das ist an dieser Stelle vollkommen nebensächlich; nebensächlich, weil es sich um Religionswissenschaft und nicht um Religionslehre handelt; die Kluft zwischen diesen beiden ist erstaunlich groß, - und auch lustig. So findet sich in meinem Stundenplan zum Wintersemester eine gut besuchte Ringvorlesung zum Thema Religion und Humor.
Warum lacht er, der Buddha? Und darf der Christ denn lachen? Auf welche Weise festigt sich Humor in Religionen? Auf verschiedenen Ebenen wird das Lachen aus verschiedenen Religionskulturen beleuchtet, und ganz zum Schluss wird stets ein Witz von Seiten der Studentenschaft vorgetragen. Langweilig – oder gar trocken – ist etwas anderes. 
 
Wer dachte, dass unser Alltag mit all seinen gar automatischen Abläufen selbstverständlich sei, der befasse sich einmal mit der Hermeneutik. Hier wird entziffert, und alles, was uns a priori einleuchtete, erscheint auf einmal fremd. Weshalb gelingt es uns, eine IKEA-Anleitung zu verstehen? Welcher kulturelle Hintergrund ist von Nöten, um unser tägliches Treiben so zu verstehen, wie wir es tun? Warum macht es uns Probleme, wenn man in anderen Ländern als Zeichen der Zustimmung den Kopf schüttelt?
Der Mensch ist ein Meister der täglichen Deutung, ohne es zu wissen.Umso unterhaltsamer und spannender ist es, das zu hinterfragen, was man nicht zu hinterfragen gedenkt; und so übertrieben es klingen mag, - doch mit einem Male betrachtet man vieles anders. 

Ethnologie macht Spaß
Möglicherweise wird unser Studiengang unterschätzt, - oder zumindest der Werdegang eines Ethnologen oder Anthropologen. Denn es hat gar nicht so viel mit ödem Büffeln und Auswendiglernen zu tun, wie die meisten denken mögen; unser Fach erlebt man am besten hautnah, und so erklärt sich auch eine im Frühjahr anstehende Exkursion in die Extremadura, wo wir uns in einer kleinen Gruppe über den heutigen Zustand der von Luis Bunuel 1932 dargestellten Hurdes überzeugen werden. Ethnologie lohnt sich also, das Studium bietet einiges. 
Seminare zu Themen wie Integrationsdebatten, Jugendliche und Religion ("Von Jesus-Freaks und Pop-Muslimen"),  Wetter, Klima und Kultur oder Kino und Politik zum Beispiel. Ein anderes Seminar zum Thema Genozid hingegen lässt uns oft fassungslos zurück, wenn man anhand eines Textes erfährt, wozu der Mensch fähig ist. 
Es sind kulturtheoretische Zugänge, die uns hier eröffnet werden; es geht darum, im Bezug auf Begriffe wie Ethnizität oder Stamm sensibilisiert zu werden und ihren Gebrauch zu kennen.

Gut drauf: Buddha
Aber, was wird hier erklärt? Wenn ich meinen Bachelor beendet haben werde, - als welche Art von Fachmann werde ich die Uni verlassen?
Die Antwort klingt platt, und doch, - es geht um den Menschen. 
Er wird erklärt, jedoch anders als in der Medizin oder der Psychologie. Nämlich in historischem, in gesellschaftlichem und in kulturellem Kontext.
Natürlich kann man mit einer derartigen Erklärung nicht alle für sich gewinnen; meine Mitbewohner stellen schon lange keine Fragen mehr; meine Begeisterung für die Anthropologie, für die Ethnologie und für die Religionswissenschaft auf einen Mathematiker oder einen durchaus beratungsresistenten Chemiker zu übertragen, ist ein Projekt, das womöglich zum Scheitern verurteilt ist. Aber das ist nicht schlimm; jeder soll das studieren, was er für richtig hält; und für mich gibt es keine Alternative, keinen anderen Studiengang, der mich dermaßen interessiert. Da ist die Frage nach dem „wohin damit?“ ebenso nebensächlich. 

Bildnachweise: IKEA: jetzt.sueddeutsche.de; Buddha: topanien.com;

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