Freitag, 4. März 2011

Extremadura: Wie Hessen, nur anders

Bevor wir Madrid am Montagmittag verlassen, führt uns unser Professor Dr. Karl Braun in die Filmoteca espaniola, wo wir uns auf den eigentlichen Grund unserer Reise einstimmen wollen: die Extremadura. Noch einmal sehen wir uns Luis Bunuels Film Las Hurdes – tierra sin pan an, unter dem die Region der Extremadura seit beinahe achtzig Jahren leidet.
Studentenstadt Cáceres: Marburg, nur in Spanien
Wir sind gespannt, diese Gegend nun selbst zu betreten. Wir kommen nicht unwissend daher, -  das denken wir zumindest noch in der Filmoteca espaniola; wenige Stunden später bemerken wir, dass auch unser Blick auf die autonome spanische Gemeinschaft durch das Seminar beeinflusst ist. So zeigen wir uns beispielsweise verwundert, als wir die Grenze zur Extremadura überschreiten und ein reiches und farbenfrohes Land sehen; - durch die zahlreichen Schwarz-weiß-Filme zur visuellen Repräsentation dieser Gegend sind wir beinahe davon ausgegangen, eine ebenfalls schwarz-weiße Region zu Gesicht zu bekommen.

Doch in der Extremadura scheint die Sonne.
Es ist wärmer als in Madrid und ein jeder und eine jede von uns soll diesen Ort nicht ohne einen Sonnenbrand verlassen. Im klimatisierten Bus fahren wir vorbei an Storchennestern und alten Burgen wie etwa Trujillo, dem Geburtsort Hernan Cortes, dessen Statue wir noch oft im Laufe der Reise begegnen werden.

Das iberische Schwein hielt sich versteckt
Langsam gelangen wir in das hügelige Land der Extremadura; nur 100 Kilometer trennen uns von der portugiesischen Grenze. Schließlich, vier Stunden entfernt von Madrid, erreichen wir Cáceres. Schon auf den ersten Blick ist zu erkennen, warum sich gerade hier eine der Partnerhochschulen der Philipps-Universität befindet; ähnlich wie die Marburger Oberstadt, zieht sich die Altstadt Cáceres auf einem schmalen Berg entlang, zu deren Hängen und Füßen neuere Gebäude Platz beanspruchen; den einzigen Unterschied markieren Palmen und die maurische Architektur, die in der Altstadt Cáceres deutlich zu vernehmen ist.

Drei Tage bleiben wir hier; und wie in Madrid, besuchen wir auch in Cáceres die Filmoteca de Extremadura, in der wir eine kleine Führung erhalten; wir bekommen die Gelegenheit, den extremensischen Comiczeichner Fermín Solís zu treffen, dessen Buch zu Bunuel ebenfalls Gegenstand des Seminars war. Man überhäuft uns mit Geschenken, und in Gedanken runzeln wir beinahe ängstlich die Stirn, wenn wir an die Limitierung unseres Handgepäcks denken. 

Unterschätzt: In der Extremadura ist es schön
Einen Höhepunkt der Reise erleben wir, als wir die Stadt am kommenden Tag verlassen und den unscheinbaren Ort Malpartida de Cáceres erreichen. Zunächst stellt sich uns die Frage, was wir hier, in dieser steinigen und scheinbar menschenleeren Gegend außer der Einsamkeit der Hurden gefunden haben. Doch schon bald bestätigt sich ein bereits gedachter Gedanke: die Extremadura wird hemmungslos unterschätzt; sie ist unbekannt, dabei birgt sie unzählige Schätze; fast einen ganzen Tag verbringen wir im Museum des deutschen Fluxuskünstlers Wolf Vostell, den es ebenso in die Extremadura verschlug, und dessen Arbeiten wir hier, in seinem ehemaligen  Wohn- und Werkhaus, begutachten können. 
Eine andere Spezialität der Extremadura hingegen bleibt uns gänzlich verschlossen: das schwarze Schwein, cerdo iberico, das angeblich so charakteristisch für die Gegend ist, will uns auch nach einer Woche in der Extremadura nicht begegnen. 

Doch obgleich einige von uns über diese versäumte Attraktion geradezu betrübt sind, rettet uns in jenen Tagen das Wissen um das deutsche Klima; während wir uns gegen Mittag in den angrenzenden Batuecas des Museums nach einem ausgiebigen Picknick in der Sonne räkeln oder gar im nahe gelegenen See schwimmen gehen, ereilt uns die Nachricht, dass man in Deutschland Minusgrade verzeichnet. 

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